Das geplante neue Produkthaftungsrecht der Bundesregierung und der EU-Kommission könnte in der IT- und Gaming-Branche hohe Wellen schlagen. Ein entsprechender Entwurf besagt nämlich, dass Software künftig als Produkt betrachtet werden soll und damit Entwickler, Hersteller und Händler auch im Softwarebereich einer Haftung unterliegen.
So soll die Software-Branche in die Pflicht genommen werden, einwandfreie Leistungen zur Verfügung stellen zu müssen.
Diese Thematik kann auch für Gamer*innen interessant werden, weil zum Beispiel Spielesoftware, die Malware enthält oder verbuggt ist, künftig unter das Produkthaftungsrecht fallen könnte.
Software soll künftig unter Produkthaftung fallen
Die überarbeitete Richtlinie soll faire Bedingungen für Hersteller, Händler und natürlich auch Endkonsumenten bieten. Dabei wird in der Novelle auf folgende Aspekte eingegangen. Im Fall der Software- und Gaming-Anbieter ist vor allem die Modernisierung der Haftungsvorschriften für Produkte im digitalen Zeitalter von Bedeutung.
Explizit werden hierbei laut der Richtlinie Produkte wie Roboter, Drohnen oder Smart-Home-Systeme erwähnt, die durch Software-Updates, KI oder digitale Dienste unsicher gemacht werden. Zudem werden einheitliche Wettbewerbsbedingungen für Hersteller in der EU und in Nicht-EU-Ländern geschaffen.
Bei Nicht-EU-Herstellern können sich Konsument bezüglich Schadensersatzes direkt an den Importeur oder den EU-Vertreter des Herstellers wenden. Besonders im Vordergrund steht aber der Endverbraucher, der erweiterte Rechte und einfacheren Zugang zu Schadensersatzansprüchen erlangen soll. Hierfür wird eine eigene Richtlinie über KI-Haftung implementiert.
Durch diese soll einerseits der KI-Sektor durch Stärkung der Garantien gefördert werden. Auf der anderen Seite sollen Konsumenten von einheitlichen Zugängen zu Informationen und der Erleichterung der Beweislast im Zusammenhang mit durch KI-Systeme verursachten Schäden profitieren.
Grund für die Überarbeitung ist der technische Fortschritt, der neue Herausforderungen mit sich bringt. Die bisherige Regelung ist bereits über drei Jahre alt und war entsprechend nicht mehr zeitgemäß.
Was die neue Rechtslage für Gamer*innen interessant macht
Auf den Punkt gebracht, bedeutet die Überarbeitung des Produkthaftungsgesetzes für Gamer*innen, dass sie künftig auf höhere Qualitätsstandards setzen dürften und besser gegen Malware und mangelhafte Software geschützt sind.
Sollte die EU-Kommission einen einheitlichen rechtlichen Rahmen schaffen, gelten die neuen Haftungsrichtlinien für sämtliche Entwickler, Hersteller und Händler, die ihren Unternehmenssitz innerhalb der Europäischen Union haben.
Darunter fallen zahlreiche große Namen der Branche wie Ubisoft oder CD Projekt Red, und damit auch einige der angesagtesten Spieletitel.
Spannend wird es im Hinblick auf den Gaming-Markt in der Schweiz. Unser europäischer Nachbar mischt in der Gaming-Branche kräftig mit, ist allerdings kein Mitgliedsland der EU und unterliegt damit nicht grundsätzlich dem für die EU vereinbarten Rechtsrahmen. Inwiefern das neue Produkthaftungsrecht auch in der Schweiz adaptiert wird, bleibt abzuwarten.
Betroffen sind hier vor allem Spieleentwickler aus dem Bereich der Online Casinos. Die ganz großen Ideenschmieden wie Microgaming, NetEnt, PlayN’Go, Novomatic und Pragmatic Play sind in der Schweiz angesiedelt und könnten demnach künftig nicht an die neue EU-Richtlinie gebunden sein.
Das bedeutet für Gamer*innen allerdings nicht, dass der zusätzliche Spielerschutz an ihnen vorbeigehen wird. Legale Online Casinos der Schweiz kooperieren bereits jetzt ausschließlich mit Entwicklern, die höchste Sicherheitsstandards garantieren und sich freiwillig für den Spielerschutz engagieren.
Vor allem Gamer*innen sehen sich in den letzten Jahren immer häufiger mit fehlerhafter Software konfrontiert. Spiele werden zum Teil auf den Markt gebracht, obwohl deren Herstellung noch nicht abgeschlossen ist oder gravierende Fehler während des Spielbetriebs auftreten. Traurige Berühmtheit erlangte beispielsweise Cyberpunk 2077. Das Spiel wurde mit zahlreichen Fehlern veröffentlicht und stellte sich bereits kurz nach Release als unspielbar heraus. Der Defekt war so groß, dass Spieler hierbei ihr Geld zurückfordern konnten.
In der Regel sind die Fehler zwar nicht so gravierend, dafür kann das Geld nicht zurückgefordert werden. Für Gamer*innen bedeutet dies getrübten Spielspaß, zahlreiche Probleme und der volle Kaufpreis. Dabei häufen sich die Probleme nicht nur bei Konsolenspielen, sondern auch im Bereich des Mobile Gamings. Zwar sind hierbei viele Spiele kostenfrei, wer sich für einen kostenpflichtigen Inhalt mit Bugs und Fehlern entscheidet, bleibt aktuell noch oft auf der Strecke.
Die Beweislast als Kernproblem
Ganz ausformuliert ist die neue Regelung aber noch nicht. Details der Gesetzesanpassung müssen noch geklärt werden, da das Thema sehr komplex und in Teilbereichen schwer zu erfassen ist. Vor allem der Aspekt der Beweislast erweist sich als Problem, weil der Nachweis von Mängeln ohnehin schon komplexer geworden und im Bereich Software besonders schwer zu führen ist.
Hier ist die zentrale Frage, auf wessen Seite die Beweislast liegen sollte und welche Schadensgrenzen angesetzt werden, um Regressansprüche geltend machen zu können. Um dieses schwierige Thema anzugehen, wird eine Gleichstellung zwischen Verbrauchern und Herstellern angestrebt.
Diese soll Hersteller von Software dazu verpflichten, Beweismittel offenzulegen und flexible Fristen für Geltendmachung anzubieten.
Auch Händler können in die Pflicht genommen werden
Änderungen stehen auch für Software- und Gaming-Händler an. Denn im Zweifelsfall können auch sie als Verkäufer direkt von Kund*innen haftbar gehalten werden, sollte der Hersteller nicht greifbar sein oder rechtlich nicht haftbar gemacht werden können. Dies könnte vor allem dann von Bedeutung sein, wenn Nicht-EU-Hersteller schadhafte oder gefährliche Software ausliefern.